
Bikerafting entlang und auf der Elbe – Teil 1
Willkommen bei Chasing Currents. Hinter Chasing Churrents steckt Annie Voigt. Mama, Biochemikerin, Comiczeichnerin und Abenteurerin. Annie ist 2019 bereits ziemlich spontan mit einem Diamant zum Nordkapp gefahren. (Die Story findest du hier: Mit dem Fahrrad von Berlin zum Nordkap.) Zu ihrem Repertoire an Solo-Expeditionen zählt aber auch ein 1000-Kilometer-Ultramarathon vom tiefsten bis zum höchsten Punkt Deutschlands. Annie nennt diese Projekte liebevoll „Great Bad Ideas“ – gute dumme Ideen. Jetzt also Chasing Currents. Ursprünglich wollte Annie die ganze Elbe schwimmen, aber sie erzählt auch, warum daraus eine Bikerafting-Expedition wurde und was das ist. Warum wir Annie, die keine große Influencerin ist, diese Plattform geben? Weil sie keine große Influencerin ist, sondern einfach jemand wie du, nur mit einer großen Prise Abenteuerdrang. Ihre Neugierde bewegt uns und wir hoffen, dass sie auch dich inspiriert. Das ist Teil 1 von 7: Annie erzählt in dieser Blogserie von ihren Erfahrungen auf ihrer jüngsten Abenteuer-Reise.
DIE ELBE SCHWIMMEN
„Aber warum nimmst du dein Fahrrad mit auf eine 1090 km lange Flusstour, bei der du vorhast, … zu packraften?!“ („Und was IST überhaupt ein Packraft?!“ scheinen die hochgezogenen Augenbrauen meiner Oma zu fragen.)
Darum geht’s: Seit einiger Zeit wollte ich die Elbe schwimmen. Das klingt beim ersten Mal vielleicht etwas bizarr. Aber nachdem ich mit meinem Diamant Elan von Berlin zum Nordkapp gefahren und das Jahr darauf 1000 km vom tiefsten zum höchsten Punkt Deutschlands gelaufen war, dachte ich: „So 630 km mitsamt meiner Outdoorausrüstung durch die Elbe zu schwimmen ist doch logisch, oder?!”
Schwimmen war das letzte Puzzleteil, das fehlte, um aus den zwei vorherigen Langstreckenexpeditionen einen mehrjährigen “Packing-Triathlon” zu machen.
DIE ROUTE
Hier kannst du die Bikerafting-Route von Annie genauer unter die Lupe nehmen.KLICK HIER

PLANÄNDERUNG
Aber wie es so oft passiert, kam das Leben dazwischen – und änderte einige Pläne. Im Sommer 2021 hatte die Elbe Hochwasser, und so trainierte ich sicherheitshalber ein weiteres Jahr. Ein Jahr später waren die Elbe und ich bereit für Versuch Nummer zwei. Doch stolze zwei Monate vor dem Start der Tour fand ich dann heraus, dass ich auf dem Fluss nicht allein sein würde: Ich war schwanger.
Aber was ist ein Abenteuer, das nach Plan verläuft? Langweilig!
Ich passte mich also wieder mal dem ganz regulären Chaos des Lebens an. Es stellte sich ziemlich schnell heraus, dass die Elbe (mitsamt der Pestizide, Schwermetalle, und Sonst-noch-was, die in ihr schwammen) nicht der ideale Ort für ein ungeborenes Kind wäre. Leider gehört das Kind aber auch zu einer ziemlich sturen Frau, und ich war absolut nicht bereit, die Tour wieder um ein Jahr zu verschieben. Gespräche mit Umwelt- und Wasserexperten machten schnell klar, dass ich die Elbe zwar bereisen, aber nicht davon trinken sollte. Auch nicht aus Versehen beim Schwimmen. Die Entscheidung fiel also auf eine neue Expeditionsart. Das war mir immer noch tausendmal lieber als die Tour abzubrechen. Auch wenn ich mich natürlich sehr ärgerte, dass 1.5 Jahre Schwimmtraining für die Katz gewesen waren. Ich entschied mich also für etwas, das ich bisher nur auf langen Bikepacking-Reisen in Aktion gesehen hatte: ein Packraft.

Das Packraft:
Ein Packraft ist besonders. Es ist leicht (1,5-2 kg). Es ist faltbar (etwa so klein wie eine Küchenrolle). Und schaust du das aufgeblasene Packraft an, denkst du einfach “Quietscheentchen!” Auf welche dieser Eigenschaften man sich auch konzentriert: Es ist klar, dass das Packraft ein absoluter Gamechanger für alle in der Abenteuerwelt ist, besonders für lange, lange Strecken. Ich erinnere mich an einen Beitrag über Bikepacker, die gerade Kanada durchquerten und vor einem großen Fluss standen. Auf dem Bild zum Beitrag sah man das Fahrrad festgeschnallt auf einem Packraft. Zack – hunderte Kilometer Umweg gespart, und der Fluss: überquert.
Ein Packraft passt problemlos in einen Rucksack. Es ist gebaut für Improvisation.
Das klingt vielleicht klein, aber dennoch kann es auch eine Menge Ausrüstung verstauen: Die meisten Rafts haben Schlaufen, die perfekt geeignet sind, um einen Spanngurt durchzuziehen oder um Fahrräder oder Ausrüstung daran festzubinden. Mein Raft hatte nur vier Schlaufen. Das reichte, um zwei Taschen und ein Fahrrad ganz gut zu befestigen.
Miniaturisierung hat ihren Preis und so können Packrafts ziemlich teuer sein. Gut, dass man auf eBay und in kleinen Kayak-Stores oft Mietoptionen finden kann. So kann man auch testen, welcher Typ Raft einem am besten passt – und man belastet nicht zusätzlich die Umwelt durch den Kauf eines neuen Ausrüstungsstücks für vielleicht ein einziges Abenteuer. Reparaturen sind auch relativ einfach. Klar, man sollte es nicht über spitze Steine ziehen. Aber wenn man es doch macht und das Raft „platzt“, kann man wasserfestes Klebeband und Kleber nutzen, um es über Nacht zu reparieren (ich habe „Stormsure“ verwendet).

UND DANN IST DA NOCH MANGO
Ein Packraft ist also der ideale Begleiter für jene Abenteuermomente, wenn man sich auf der falschen Seite eines Gewässers befindet und keine Brücke in Sicht ist, die man überqueren könnte.„Into The Wild“ hätte ein deutlich weniger tragisches (und vermutlich weniger bekanntes) Ende gehabt, wenn nur ein Packraft im Spiel gewesen wäre.
Und warum ein Fahrrad?“ hakt meine Oma noch einmal nach. Stimmt. Da war ja noch was.
„Das Fahrrad hat drei Gründe“, erkläre ich. Zunächst einmal gibt es auf den Anfangskilometern der Elbe nur einen winzigen, nicht raft-baren Gebirgsbach. Später wird der dann zu Wildwasser und das wiederum läuft auf jede Menge Dämme zu. Wäre es für mich als Packraft-Neuling gefährlich, das zu paddeln? Auf die Frage kam die Antwort. «Wenn du es versucht, kannst du wählen, wie du stirbst, aber nicht, ob du stirbst.»
Cool.
Im Wesentlichen kommt mein Fahrrad also mit, um mir auf den gefährlichen Flussabschnitten den sicheren Tod-durch-Anfänger-Sein zu ersparen. Jedes Mal, wenn ich denke: „Huh, das sieht nicht gut aus …“ steige ich aus dem Boot und auf das Fahrrad um.
Zweitens gehe ich davon aus, dass es mit Boot ein bisschen schwierig sein wird, die Versorgungslogistik unter Kontrolle zu behalten. Vielleicht habe ich einfach nicht aufgepasst, aber die meisten Lebensmittelgeschäfte liegen nicht an Flussufern. Und die Elbe fließt durch einige ziemlich dünn besiedelte Bundesländer (auch bekannt als Sachsen, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Schleswig-Holstein). Es gibt nichts Schlimmeres, als hungrig auf die Karte zu schauen und zu sehen, dass die nächste Nahrungsquelle 25 km entfernt ist. Besonders, wenn man schon den ganzen Tag gepaddelt hat.
Grund Nummer drei: Vor dieser Expedition war ich noch nie Packraften (klassischer Annie-Move: dann direkt auf Tempo 100 starten.) Deshalb hatte ich, ehrlich gesagt, keine Ahnung, welche Distanz ich an einem Tag zurücklegen könnte. Vor allem nicht, wenn man im vierten Monat schwanger ist, wie ich es auf der Reise sein würde. Mein treues Diamant 135 (ich nenne es „Mango“) wird also aushelfen, wenn ich einen Teil der Strecke nicht schaffen kann. Denn eins weiß ich: Radfahren geht IMMER.
So gesehen kann auf dieser Reise absolut nichts schief gehen. Oder?
Fortsetzung
Gespannt, wie es weiter geht? Annie erzählt dir mehr über den Start dieser Tour und liefert dir eine praktische Packliste: Bikerafting entlang und auf der Elbe – Teil 2