Es sind die zweirädrigen Oldtimer, die Christian Erdmann aus dem Dornröschenschlaf erweckt hat, die er hegt und pflegt – und bewegt. Als Diamantiker sind das natürlich viele Modelle von Diamant, aber auch Spezialitäten wie ein Mifa-Tandem.
Interview mit Christian Erdmann
Warum Fahrräder aus der Vergangenheit?
Weil aus ihnen ein ganz besonderer Charme spricht. Vielleicht sind es auch unerfüllte Jugendwünsche, die mich da antreiben. Diamant deshalb, weil ich als Kind keines hatte, aber gerne eines gehabt hätte. Später kam ich mal an eines, so ein weinrotes, aber das war dann irgendwann und irgendwie wieder verschwunden … da fehlte wohl noch ein bisschen die Wertschätzung, die bei mir später kommen sollte.
… und die sich ja inzwischen in einer Menge von Fahrrädern niedergeschlagen hat: Von wie vielen Modellen – fertigen oder unfertigen – sind Sie denn stolzer Besitzer?
Ich komme jetzt auf 40 Räder insgesamt, 17 davon sind Diamant, nicht zu vergessen, die zwei, die aktuell noch nicht fertig, also in Arbeit sind.
Gutes Stichwort: Was ist Ihnen denn wichtig bei der Arbeit mit Ihren Veteranen?
Hauptsache, die Basis stimmt. Auch nicht unwichtig: Der Lack sollte einigermaßen okay sein. Ich gehe dann hin und säubere ihn. Anschließend wird er versiegelt, damit er geschützt ist, so wie er ist. Und dann gibt es ja noch die Sache mit den Teilen, die immer wieder mal fehlen: Beleuchtung, eine D-Felge oder andere authentische Komponenten. Da muss man manchmal improvisieren oder Glück haben. Das Beste ist eigentlich, wenn ich schon im Kopf habe, wie das später mal aussieht.
Gibt es in Ihrer Sammlung eigentlich ein Lieblingsstück?
Ja, sogar drei: das eine, mit dem das Ganze angefangen hat – ein 1935er Modell 68. Mit dem verbindet mich eine sehr lange Leidenschaft. Dann ist da außerdem noch ein Straßenrennrad 167 von 1960 mit einer Renak 8-Gang-Schaltung und Schnellentspanner-Bremsen von Alta für den schnellen Radwechsel.
Und zu guter Letzt ist da noch dieses Sahnestück: das 110 D – ein Exportrad mit Doppelrohr-Rahmen für den englischen Markt. Von der Handhebel-Felgenbremse bis zum letzten Schräubchen ist das Ding komplett original!
Wenn man eine so stattliche Fahrradkollektion hat wie Sie, braucht man da eigentlich nicht auch eine ganze Menge an Fahrradkellern?
Die bräuchte man in der Tat. Bei mir ging es erst einmal darum, die Räder trocken unterzustellen – und dann war da irgendwann dieser größere Dachboden. Der Besitzer – dem ich an dieser Stelle einfach mal danken möchte – hatte nichts dagegen, wenn ich da meine Räder parken würde. Ist übrigens auch prima gegen Langfinger: Wer klaut schon ein Rad oben vom Speicher?
Aber wie kommen die Dinger denn rauf?
Ganz einfach: Ich trage sie höchstpersönlich hoch. Normalerweise fahre ich ja immer nur eines auf einmal. Ist für mich so etwas wie ein sportliches Finish.
Wenn Sie unterwegs sind, sieht man Sie gelegentlich in ungewöhnlicher Montur (ähnlich wie bei der Eroica – dem historischen Radrennen in der Toskana). Was hat es denn damit auf sich?
Ach, das: Wenn man mit einem alten Bike auf Tour geht, dann macht das doch Spaß, auch entsprechend auszusehen. Hat einfach Oldschool-Charme, mit einem Modell 82 und Schiebermütze auf der Veloci-pediade Erfurt zu radeln, einschließlich Nachtfahrt. Oder wenn es ums Fahren mit klassischen Rennern geht: Ich habe auf meinem 167 mal mit Freunden die Thüringer Burgenfahrt gemacht. Da passt so ein Trikot wie das von „Täve“ Schur doch super, man muss ja nicht immer gleich die Friedensfahrt gewinnen…
Eine letzte Frage an Sie als Nostalgiker und Fahrradsammler: Worüber würden Sie sich richtig freuen?
Das Größte wäre ein Berufsfahrermodell 67, das ab 1937 mit zahlreichen Leichtmetallkomponenten gebaut wurde. Einfach ein Traum! Was aber natürlich auch
toll wäre: Wenn Hersteller alte Details wieder aufleben lassen würden – wie den Lenkerbandfeststeller im Steuerkopf. Einmal festgemacht, konnte man das Rad einfach gerade anlehnen, ohne dass es umfiel. Ziemlich praktisch eigentlich. Worüber ich mich natürlich auch noch Tag für Tag freue: über meine Frau Sunny, die so viel Verständnis für mich und meine Räder hat.
Herr Erdmann, ganz herzlichen Dank für das Interview und gute Fahrt in Zukunft!