Mit dem Trend zu Vintage- und Retro-Bikes steigt auch die Zahl der Restauratoren historischer Fahrräder. Dazu gehört auch Fahrrad-Enthusiast Jürgen Nöll, der es sich zur Aufgabe machte, ein altes Diamant-Rennrad zu restaurieren und nun dessen stolzer Besitzer ist.
Wenn man nach einem alten Schaltwerk fragt und dann ein Freund eines mitbringt, an dem ein ganzes Oldtimer-Fahrrad von Diamant dranhängt, wer könnte da schon widerstehen? Jürgen Nöll jedenfalls nicht. Ganz egal, wie das Anhängsel aussieht. Im Diamant-Blog berichtet er mit viel Bildmaterial von seiner Rennradrestauration und gibt praktische Werkstatt-Tipps.
Inhaltsverzeichnis
Jürgen Nöll – Ein Fahrradsammler mit Oldtimer-Liebe
Jürgen Nöll ist gelernter Maschinenschlosser und war nach seinem Maschinenbau-Studium 45 Jahre als Entwicklungsingenieur bei Opel tätig. Privat begann er bereits Mitte der 70er Jahre, Motorräder und Fahrräder zu restaurieren. Seit 1997 ist der gebürtige Mainzer Vorstandsmitglied im VFV (Veteranen-Fahrzeug-Verband e.V.) und leitet seit 2005 dort die Redaktion. Wir trafen den Fahrrad-Enthusiasten für ein kurzes Interview und befragten ihn zu seiner Leidenschaft.
Interview mit Jürgen Nöll
Hallo Herr Nöll. Zunächst vielen Dank, dass Sie sich Zeit für uns nehmen. Die wichtigste Frage zuerst: Woher kommt Ihre Fahrrad-Leidenschaft?
Das erste Fahrrad meines Vaters war ein Diamant Halbrenner, Modell 100 von 1928. Nach dem Krieg zum Tourer umgebaut, saß ich bereits als Knirps hinter dem Lenker und durfte mitfahren. Rund 50 Jahre später fand ich die Reste des Rades auf dem Speicher und machte mich sofort an die Restaurierung.
Haben Sie schon öfter alte (Diamant-)Fahrräder restauriert? Erzählen Sie uns von Ihrer größten Herausforderung!
Der grüne Halbrenner meines Vaters mit Felgen aus Holz war die größte Herausforderung (vgl. Foto). Auch hierzu gibt es eine überaus interessante und lustige Geschichte. Vielleicht einmal für später.
Worauf sollten Fahrradsammler bei einer Restaurierung achten?
Als Redaktionsleiter des VFV-Oldtimer-Magazins habe ich zunächst folgenden Tipp: Vier Mal im Jahr erscheint für unsere ca. 3.000 Mitglieder und 250 angeschlossene Oldtimerclubs ein kostenloses, 76-seitiges Magazin mit Themen über historische Fahrzeuge aller Art. Für dieses Magazin zeichne ich mich verantwortlich.
Wichtig bei der Beschaffung eines Restaurierungsobjektes ist die Vollständigkeit aller Originalteile. Im Gegensatz zu früher sind heute Räder gesucht, die noch eine erhaltenswerte Patina besitzen. Nur eine sanfte Reinigung, möglichst keine neue Lackierung/Linierung, wenn die vorhandene noch original ist. Schäden an Lack, Nickel und Chrom sind nach einem langen Fahrradleben normal und werden heute von Sammlern toleriert. Jede Restaurierung kostet Substanz. Beim Sandstrahlen und nachfolgender Neulackierung gehen zwangsläufig alte Linierungen und Verzierungen unwiederbringlich verloren.
Welches ist Ihr Diamant-Lieblingsmodell und warum?
Am liebsten bin ich heute mit dem Diamantrad von 1961 unterwegs. Da passt einfach alles, von der Sitzposition über die Beinlänge bis hin zur Lenkgeometrie. Mit ihm habe ich schon große Strecken zurückgelegt, habe es sogar zwei Winter lang als Trainingsrad benutzt. Die robuste Technik hat mich noch nie im Stich gelassen, obwohl es bereits schon mehr als 50 Jahre alt ist.
Fahren Sie selbst Rennrad oder betreiben Sie andere Fahrradsportarten?
Nach 20 Jahre Motorradrennsport bin ich zum Radsport übergewechselt. Da haben sich zwischenzeitlich auch viele andere historischen Modelle eingefunden. Als ehemaliger Entwicklungsingenieur im Bereich der Motorenentwicklung der Firma Opel besitze ich selbstverständlich auch Opelräder und darüber hinaus noch einige italienische Rennräder berühmter Marken. Als Mitglied im ortsansässigen Radsportverein gehe ich mit Freunden gerne auch schon mal auf längere Touren. Zum Beispiel Basel-Kleve, ein alter Radrennklassiker oder zuletzt Rüsselsheim-Paris-Rüsselsheim.
Wenn Sie sich entscheiden müssten: Wo radelt es sich Ihrer Meinung nach am besten?
Viele Jahre habe ich auf einen Dienstwagen verzichtet um zumindest von April bis November mit dem Rad zum Büro zu fahren. Jetzt im Ruhestand ist mein bevorzugtes Terrain mit dem Rennrad befestigte Wege und wenig befahrene Straßen. Um in den Sommermonaten nicht zu sehr der Sonne ausgesetzt zu sein, bevorzuge ich schattenspendende Waldwege. Aufgrund der breiteren Reifen ziehe ich dann allerdings ein Treckingrad bzw. Mountainbike vor.
Worauf würden Sie hingegen im Fahrradalltag gerne verzichten?
Ganz klar auf das Fahren im Stadtverkehr zwischen Autos und LKW. Da ist man den schädlichen Emissionen ungeschützt ausgesetzt.
Haben Sie in der nächsten Zeit noch bestimmte Fahrradprojekte geplant?
Im Grunde genommen bin ich mit meinen über zehn Fahrrädern für jede Situation gewappnet. Irgendwann stößt man dann auch schon mal an seine Platzgrenzen. Dennoch kann ich für nichts garantieren… (haha)
Vielen Dank, Herr Nöll.
Bestandsaufnahme – Wissen, was einen bei der Fahrradrestaurierung erwartet
Eigentlich sollte es nur ein altes Schaltwerk für eine Schaltung von F&S sein. Praktisch, wenn bei einem Freund aufgrund seiner Vorliebe für Oldtimer-Fahrräder viele alte Fahrräder über die Werkbank wandern. Jürgen Nöll bat ihn daher um Bescheid, wenn ihm ein solches Teil einmal unterkommen sollte. Keine 14 Tage später brachte Nölls Bekannter ein Schaltwerk vorbei mit den Worten: „Da hängt sogar noch das Fahrrad dran“.
Ein filigraner Diamant-Stahlrahmen mit ebenso filigraner Gabel – viel zu schade zum Ausschlachten. So erbärmlich es auch mit den rostigen Fahrradteilen, seinem verblassten, mit unzähligen Schrammen übersäten Lack, dem verformten Sattelleder, den unterschiedlichen Felgen und Reifen aussah – der Fahrrad-Liebhaber brachte es nicht übers Herz, den Diamanten auszuschlachten. Also gab es nur eine Alternative: Die Restauration.
Das Objekt der Begierde ist ein Diamant-Rennrad mit der Rahmennummer 4.344.475, welche sich auf das Baujahr 1961 zurückführen lässt. Der Zahn der Zeit hat herzhaft zugebissen, wo immer er konnte – aber die Substanz stimmt. Eine kurze Bestandsaufnahme des Originalzustands gibt Ausblick auf die ersten Stellschrauben:
- Altes Schaltwerk, Kette und beide Zahnkränze des Kettenrads verrostet
- Unzählige Schrammen in der Lackierung
- Abgefahrene und unterschiedliche Felgen und Reifen
- Bakelit -Lenkergriffe zerbrochen
- Feder-Ledersattel spröde
- Typenschild, Licht, Gepäckträger und Schutzbleche fehlen
- Diamant-Schriftzüge soll unbedingt erhalten bleiben
Werkzeugempfehlung und Hilfsmittel für die Fahrrad-Restaurierung
Neben dem Inhalt eines Profi-Werkzeugkastens (für knapp 150 Euro erhältlich) wird folgendes benötigt:
- Alu- oder Kupferhammer
- Gummihammer
- Speichenschlüssel
- Kettenöffner
- ggf. ein Fahrrad-Reparaturständer
Tipps für Hilfsmittel: Zum mechanischen Entrosten empfiehlt Jürgen Nöll eine Handbohrmaschine mit Nylonbürste. Mit Rostlöser oder Sprühöl WD40 aus dem Baumarkt lassen sich eingerostete Schrauben, Sattelstützen, Lenkerrohre einfacher lösen. Für die zahlreichen Kugellager verwendet der Fahrrad-Experte Lagerfett.
Diamant-Rennrad demontieren: Kette, Tretlager und Lenkkopflager ausbauen
Für die Wiederherstellung eines fahrbereiten Zustands des Diamantrads, müssen zunächst einige veraltete Einzelteile demontiert werden:
- Die Fahrradkette ist als Überträger der Antriebskraft von Kettenblatt auf Antriebsritzel regelmäßigen Belastungen, Korrosion und Verschmutzung ausgesetzt. Dadurch verschleißt sie schnell und erfordert eine besondere Aufmerksamkeit in der Fahrradpflege.
- Das Tretlager ist das am stärksten beanspruchte Lager am Fahrrad und sollte somit bei einer Fahrradrestaurierung zumindest einmal geöffnet werden.
- Bei Rädern mit hoher Laufleistung und mangelnder Pflege sind abgeplatzte Kugeln, raue verschlissene Laufbahnen der Lagerringe sowie Rattermarken an den Lenkkopflagern keine Seltenheit. Für ein zufriedenstellendes Fahrverhalten sollten daher bei einer Komplettüberholung auch diese wieder in einen ordnungsgemäßen Zustand versetzt werden.
Tipp: Nicht zwingend erforderlich aber doch eine hilfreiche Anschaffung kann hier ein Fahrrad-Reparaturständer sein. Besonders dann, wenn man öfters an Rädern schraubt.
Demontage der Fahrradkette
1. Schritt: Für die Reinigung oder den Austausch muss zum Abnehmen der Rennrad-Kette einer der zahlreichen Bolzen mit einem Kettenöffner entfernt werden, da in diesem Fall keine Schlösser vorhanden sind.
Entfernen der Radpedalen
2. Schritt: Für die Prüfung des Tretlagers, müssen zuerst die Kurbeln rechts und links mit den Pedalen entfernt werden. Dazu wird die Mutter oberhalb der Kurbeln aufgeschraubt, sodass der darunterliegende Keil mit Dorn und Hammer vollständig herausgeschlagen werden kann.
3. Schritt: Anschließend kann die Kurbel von der Gegenseite mit einem weichen Dorn geschlagen werden.
Abbau von Tretlagerachse und Kugellager
4. Schritt: Nachdem der Konterring abgenommen ist, lässt sich der linke Lagerring mit den Kugeln entfernen und einsehen. Bei alten Fahrrädern findet man im Lager verharztes Fett vor, das erneuert werden sollte.
5. Schritt: Auf die gleiche Weise wird auch das andere Pedal entfernt, sodass nun die Tretlagerachse entnommen werden kann. Wenn die Kugeln im Lager eher Steinchen gleichen, müssen neue her.
Die Kügelchen im Tretlager sind nur schwer zu erkennen. Der Zahn der Zeit hat an dem Lager seine Spuren hinterlassen.
Demontage der Lenkkopflager
6. Schritt: Mit dem passenden Werkzeug wie einem Dorn oder einem langen Schraubendreher lassen sich beschädigte Lagerschalen mühelos aus dem Lenkkopf schlagen.
7. Schritt: Die im Steuerrohr unten sitzende Lagerschale wurde im Fahrbetrieb deutlich stärker belastet, da sie die über die Kugeln weitergeleiteten Fahrbahnstöße aufnehmen muss. Somit weist sie bereits deutliche Verschleiß-Spuren, sogenannte Rattermarken, auf. Das Gegenstück des verschlissenen Lagerringes befindet sich an der Gabel und weist ähnliche Rattermarken auf. Im Fahrbetrieb können die Lagerkugeln in diesen Vertiefungen einrasten und somit das Lenkverhalten beeinträchtigen. Leichte Vertiefungen lassen sich ausschleifen, doch ist der Verschleiß zu weit fortgeschritten, muss Ersatz her.
Fahrradteile reinigen und pflegen: Lager, Kettenblatt, Kurbel und Steuerrohr
Sollen Einzelteile wie Lager oder Kurbel bestehen bleiben, helfen rituelle Waschungen in Terpentin oder Benzin, bevor sie wieder in den vollständigen Kurbelbetrieb eingebaut werden, so Restaurator Nöll.
1. Schritt: Alle Lagerteile können mit Petroleum, Diesel oder Benzin gründlich gereinigt werden. Kurzer Check: Für einen reibungsarmen Lagerlauf sollten Teile dann ausgetauscht werden, wenn die Oberfläche nicht mehr vollständig glatt ist.
Tretlager montieren und Lagerspiel einstellen
2. Schritt: Nachdem auch das alte Lagerfett im Tretlagergehäuse vollständig entfernt ist, erhalten die Kugeln eine Menge an frischem Kugellagerfett – am besten mit den Fingern tief in die Spalten auftragen. Dann kann die Achse mit dem rechtsseitigen Lagerring wieder in das Gehäuse eingesetzt werden und mit dem gefetteten linken Lagerring zusammengebaut werden.
3. Schritt: Das Lagerspiel lässt sich am linken Lagerring einstellen. Dazu dreht Nöll ihn bis zum Anschlag ein, sodass sich die Achse ohne großen Widerstand drehen lässt. Dann löst er den Ring wieder um etwa eine 1/8 Umdrehung. Die Einstellung bezeichnet er dann als korrekt, wenn sich die Achse leicht dreht, ohne dass die Welle in axiale und radiale Richtung Spiel hat (schlackert).
4. Schritt: Die wieder eingebaute Tretlagerachse wird mit der Montage des Keils befestigt. Danach: Mutter anziehen, nochmals nachschlagen und nochmals Mutter nachziehen.
5. Schritt: Abschließend wird das inzwischen auf Hochglanz polierte Kettenblatt montiert.
Das Ergebnis: Ein funktionstüchtiges Tretlager, eine gereinigte Kurbel und ein sauberes Kettenblatt.
Montage Lenkkopflager und Einstellung des Lagerspiels
1. Schritt: Nun zum Lenkkopflager. Nach dem Einbau der Lagerringe werden diese mit viel Lagerfett versehen.
2. Schritt: Dann legt Jürgen Nöll die gereinigten beziehungsweise neuen Kugelringe wieder ein und trägt auch hier noch einmal reichlich Fett auf. Sein Tipp: Die Zwischenräume der Kugeln sollten restlos mit Fett gefüllt sein, sodass es wieder für die nächsten Jahre hält.
3. Schritt: Von der Unterseite wird nun die Gabel in den Steuerkopf geschoben und durch den oberen Lagerring fixiert. Er ist an seinem äußeren Durchmesser häufig mit einer griffigen Kordelung versehen, da mit ihm das Spiel der Lenkkopflagers eingestellt wird.
4. Schritt: Nöll schraubt den Lagerring zunächst komplett auf das Gewinde und zieht ihn mit der Hand fest an. Bevor er nochmal nachzieht, bewegt er die Gabeln mehrfach hin und her, damit sich die Kugeln in ihre richtige Position bringen können. Ist danach beim Drehen der Gabel ein gewisser Widerstand spürbar, kann der Lagerring wieder ein wenig gelockert werden, so der Fahrrad-Experte.
Tipp: Nach den ersten gefahrenen 20 Kilometern kann es erforderlich sein, dass der Ring noch einmal gelöst und das Lagerspiel noch einmal korrigieren werden muss.
5. Schritt: Nuten- und Konterring aufschrauben und mit einem Hakenschlüssel anziehen. Jürgen Nöll rät von Rohr- oder Wasserpumpenzangen ab, da sie meist Schrammen erzeugen.
Altes Schaltwerk für die Fahrradrestaurierung wiederverwenden
Das verrostete Schaltwerk erwies sich als noch funktionstüchtig, aber auch pflegebedürftig. Besonders die Führungsröllchen und die Spiralfeder sind stark angerostet.
Die breite Spiralfeder, deren Aufgabe es ist Schmutz und Spritzwasser von den Innereien des Schaltwerks fernzuhalten, hat offensichtlich ganze Arbeit geleistet (linke Abbildung). Unter dieser Spiralfeder arbeitet die eigentliche Mechanik des Schaltwerkes. Ein kleines Kettchen zieht die Führungsröllchen in die jeweils gewünscht Position und lenkt damit die Kette auf das entsprechende Ritzel.
Über die beiden Hebel (rechte Abbildung) werden das Schaltwerk und der Umwerfer für die großen Kettenblätter bedient. Die Hebel arbeiten stufenlos, das heißt ohne Rastung. Mittels Flügelschraube und einer sternförmig durchbrochenen Federscheibe sind die Einzelteile zusammengespannt, sodass die Hebel in jeder beliebigen Position verharren.
1. Schritt: Die einzelnen Bauteile reinigt und fettet Nöll lediglich, bevor er sie wiederverwendet.
2. Schritt: Nachdem Nöll den losen Rost mit einer Drahtbürste von Führungsröllchen und Spiralfeder entfernt hat, unterzieht er die Teile einer Behandlung mit einem Rostumwandler, sodass anschließend von Rost keine Spur mehr ist und das Schaltwerk wieder arbeitet wie neu. Dafür gibt der Restaurator vor der Montage noch einige Tropfen Öl hinzu.
Fertig: Das alte Fahrrad-Schaltwerk und seine Bauteile sind gereinigt und kann nun wieder zusammengebaut werden.
Fahrrad restaurieren: Austausch der Laufräder und Wartung des Nabenlagers
Je nach Zustand der Räder müssen die Laufräder bei einem Oldtimer-Fahrrad komplett oder in Einzelteilen erneuert werden. Straßenstaub, Wasser und die permanente Beanspruchung der Lager durch das Abrollen der Stahlkugeln hinterlassen Spuren, die das Fahren beeinflussen. In diesem Fall zwangen die ungleichen Räder und verschieden großen Reifen Jürgen Nöll zum Handeln: Zwei passende Räder fanden sich auf einem Fahrrad-Flohmarkt. Bei der Demontage der alten Räder bietet es sich an, auch das Lager einmal gründlich zu warten, womit Jürgen Nöll zuerst beginnt.
Nabenlager reinigen für eine leichtgängige Fahrrad-Fahrt
1. Schritt: Zur Demontage der Vorderachse entfernt Nöll zunächst Kontermutter und Nutenring, bevor er den Lagerkonus löst.
2. Schritt: Beim Lösen des Lagerkonus ist Vorsicht geboten, denn dabei fallen gerne die Kugeln heraus. Sind, wie hier, Spuren des Verschleißes an der Lauffläche des Lagerkonus erkennbar, rät der Fahrrad-Experte zu einer Erneuerung für einen präzisen und ruhigen Rundlauf der Räder. Kein Grund zur Sorge, denn Ersatzteile wie Lagerkonen und Kugeln gibt es in den meisten Fahrradläden zu kaufen.
3. Schritt: Nun lässt sich die Achse nach der anderen Seite aus der Radnabe herausziehen und mit einem kleinen Trick, nämlich einem kleinen Magneten, lassen sich die durch das alte Fett festklebenden Kugeln einfach herausholen. Nun wandern alle Teile in ein Reinigungsbad aus Petroleum oder Benzin.
4. Schritt: Auch die Nabe wird, wie die anderen Teile zuvor, gründlich ausgewaschen und gleichmäßig gefettet, bevor der Zusammenbau und die Einstellung des Lagerspiels analog zu den Lenkkopflagern erfolgen.
Fertig: Nach der Reinigung lässt sich erkennen, ob Straßenstaub und Wasser das Lager zu sehr beansprucht haben. Für einen präzisen und ruhigen Rundlauf der Räder sollten die Einkerbungen nicht zu stark sein.
Fahrrad-Räder mit neuen Reifen ausstatten
Die ursprünglich montierten Räder haben nicht nur unterschiedliche Dimensionen sondern sind auch alt und porös, sodass sie für eine Wiederverwendung nicht mehr infrage kommen. Da die Flohmarkt-Felgen mit dem Aluminium-Kastenprofil eine gängige Größe besitzen, finden sich passende Reifen quasi in jedem Fahrradladen.
1. Schritt: Jürgen Nöll rät von einer Montage der Reifen direkt auf die Speichenköpfen ab. Ein spezielles Felgenband oder eine Lage Gewebeband beugen einer Beschädigung des Schlauchs durch scharfe Kanten der Nippel vor, so der Experte.
2. Schritt: Für die Montage schiebt Nöll eine Seite des Reifens vollständig über die Felge. Bevor der neue Schlauch montiert wird, zerlegt er das Ventil.
3. Schritt: Anschließend führt Jürgen Nöll den Schaft des Ventils in das dafür vorgesehene Loch in der Felge. Ein Montagering sichert den Ventilschaft gegen unbeabsichtigtes Herausrutschen während der Montage, kann dann aber für den Zusammenbau wieder entfernt werden.
4. Schritt: Ist das Ventil wieder komplett, füllt der Fahrrad-Profi den Schlauch mit etwas Luft, bevor er ihn rundum in den Mantel drückt. Dies verhindert bei der nachfolgenden Montage, dass er sich verdreht und es später zu Wulstbildungen im Reifen kommt.
5. Schritt: Dann drückt er den Mantel – an einer Seite beginnend – mit den Daumen über die Felge. Der Reifen besitzt beidseitig einen umlaufenden Ring, dessen Abstand zur Felgenkante rundum gleich sein sollte. Abschließend pumpt er die Reifen auf und stellt sie bis zur endgültigen Montage zur Seite.
Fertig: Vorderrad und Hinterrad werden nun wieder auf das restaurierte Diamant-Rennrad montiert.
Lackierung – Fahrradrahmen von Rost und Kratzer befreien
Bei diesem Oldtimer-Fahrrad soll das Design mit den Diamant-Originalschriftzügen erhalten bleiben. Somit kommt es nicht in Frage, einfach neu zu lackieren. Im Großen und Ganzen ist der Zustand des Metallic-Lacks in Ordnung, lediglich einzelne Stellen fallen auf, die zuvor mit dunklerem Lack überlackiert wurden. Der Fahrradsammler entscheidet sich daher, zunächst diese zahlreichen Lackstellen neu zu überarbeiten.
Die Lackierung eines Fahrrads schützt den Rahmen und die Bauteile vor Rost. Im täglichen Gebrauch sind Fahrräder viel Feuchtigkeit und – je nach Einsatz – auch weiteren Belastungen ausgesetzt. Mountainbikes sind beispielsweise auf Schotterwegen oft Splitt, Geröll und Steinschlägen ausgesetzt. Stürzt der Fahrer, bleiben zusätzlich Beulen und Kratzer an Rahmen und andere Kontaktstellen zurück. Zudem bietet die Fahrradlackierung eine Möglichkeit zur Gestaltung mehrfarbiger Designs.
Fahrradlackierung an einzelnen Stellen ausbessern
Vorbereitungen: Eine Sprühdose Lack mit dem dazugehörigen Klarlack, Papiertüchern und einem Set verschieden dicker Pinsel, mehr brauchte es nicht. Los geht’s!
1. Schritt: Da es sich beim Originallack um einen widerstandsfähigen Einbrennlack handelt, versucht Nöll den dunkleren Reparaturlack mit handelsüblichem Abbeizer zu entfernen. Dafür trägt er das Abbeiz-Gel mit einem Schraubenzieher vorsichtig auf und wischt ihn bereits nach einer knappen Minute mit einem Papiertuch wieder ab.
Vorher-Nachher-Vergleich anhand der Vordergabel: Die Rechnung geht voll und ganz so auf wie der Dosenlack abgeht. Der Originallack ist unversehrt und die freigelegten Schäden können jetzt behandelt werden.
2. Schritt: Mittels eines Farbkatalogs sucht der Diamant-Restaurator eine Farbnuance aus, die der Farbe des Originals möglichst nahekommt.
3. Schritt: Nach langem Schütteln sprüht Nöll etwas Metallic-Lack in den Deckel der Spraydose – fertig ist des Künstlers Farbkasten. Das Aufschütteln des Lacks ist wichtig, damit sich die Metallpartikel nicht absetzen.
4. Schritt: Mit einem feinen Pinsel überträgt er die Farbe sorgfältig auf die schadhaften Stellen. Anschließend lassen sich die ausgebesserten Stellen nur noch bei genauem Hinsehen erkennen. Und das, obwohl es sich um Metallic-Lack handelt. Tiefere Kratzer nimmt sich der geduldige Fahrradretter auch mehrmals vor.
Fahrradrahmen für eine gelungen Restauration neu lackieren
Herren-Fahrräder haben meist ein hoch platziertes oberes Rahmenrohr, das parallel zum Boden verläuft. Dadurch ist das Oberrohr am stärksten der Sonne zugewandt und der Lack verblasst an dieser Stelle deutlich stärker. Somit ist der ausgewählte Farbton zwar für die senkrechten Rahmenrohre des Diamant-Rennrads gut, aber für das Oberrohr zu dunkel. Dafür kann nun eine hellere Farbe gewählt werden oder man lackiert die betroffenen Fahrradteile neu – wie Jürgen Nöll.
5. Schritt: Für einen guten Untergrund schleift Nöll zunächst das Rohr an und behandelt die tieferen Roststellen anschließend mit Rost-Stopper vor. Dieses Mittel sollte 24 Stunden einwirken.
6. Schritt: Nach der Einwirkzeit den Rost-Stopper abwaschen, tiefere Stellen spachteln und alle nicht zu lackierenden Stellen sorgfältig abkleben. Dann folgt die Grundierung, welche Nöll nach einer halben Stunde mit 600er Wasserschleifpapier anschleift und dann trocknen lässt.
7. Schritt: Anschließend lackiert Jürgen Nöll das Oberrohr mit dem Spraylack und erhält ein neues Finish. Bei Metallic-Lacken muss noch ein Klarlack als Schutz aufgetragen werden.
Fertig: Nach getaner Arbeit ergibt sich ein einheitlicher Ton, bei dem die reparierten Stellen nicht mehr sichtbar sind. Auch die originalen Diamant-Schriftzüge sind erhalten geblieben.
Austausch des Fahrradlenkers und Restauration eines Rennbügels
Abgesehen davon, dass die Griffe des vorliegenden Lenkers brüchig sind, bevorzugt der Fahrrad-Experte einen Rennbügel für das Diamant-Rennrad. Dafür muss der alte Fahrradlenker zunächst demontiert werden.
Alten Fahrradlenker abbauen
Jürgen Nöll löst die Feststellschraube und bearbeitet den Kopf der Schraube mit einem gezielten Schlag des Kupferhammers. Ein Hammer aus weichem Kupfer schont dabei den Schraubenkopf des Vorbaus vor Beschädigungen. Jetzt lässt sich der Lenker nach oben heraus ziehen.
Gebrauchten Rennbügel aufbereiten
Auf einem Fahrrad-Flohmarkt fand sich ein formschöner alter Rennbügel mit Bremshebeln. Klare Sache, dass dieser Rennbügel auch auf Vordermann gebracht werden soll. Noch ist er äußerlich unschön, aber immerhin frei von größeren Dellen und Knicken. Vor der Reinigung entfernt Nöll zunächst die Altlasten.
Altes Lenkermaterial entfernen
1. Schritt: Die beiden Hebel für die Bremsen lassen sich mit einem Schraubenzieher, manchmal wird auch ein Inbusschlüssel benötigt, von vorne lösen und anschließend abnehmen. Sprühöl und eine angemessene Einwirkzeit können beim Lösen Jahrzehnte alter Schraubverbindungen sehr hilfreich sein.
Fahrradlenker reinigen und abschleifen
2. Schritt: Dann muss erst einmal alles runter, was stört. Altes Lenkerband, Moosgummipolster und Klebstreifen werden abgenommen. Rückstände vom Klebstoff mit Benzin oder Verdünner entfernt.
3. Schritt: Mit einer Feile lassen sich die durch die Klemmen der Bremshebel bedingten Kerben entgraten und glätten.
4. Schritt: Anschließend bearbeitet Jürgen Nöll sie noch mit feinem Schmirgelpapier. Nach einer kleinen Putz-Aktion mit 800er Nassschleifpapier oder einem handelsüblichen Topfreiniger strahlen Lenker und Bremshebel mit samtigem Glanz. Die Abbildung rechts zeigt den Effekt vor (linker Hebel) und nach (rechter Hebel) der Behandlung.
5. Schritt: Nun können Lenker und Hebel montiert werden, dann ist das Rad fertig für die erste Testfahrt. Dabei lassen sich Lenkerstellung sowie die exakte Position der beiden Handbremshebel bestimmen. Erst wenn diese Einstellungen abgeschlossen sind, wird das Lenkerband angebracht.
Restaurierten Rennbügel mit Lenkerband umwickeln
Praktisch ist das abwaschbare, leicht gepolsterte Kunststoffband, das meist schon vom Hersteller mit Klebstreifen versehen ist. Für einen authentischen Look kann auch ein Textilband verwendet werden, da es das Kunststoff-Lenkerband in dieser Form in den 50er Jahren noch nicht gab. Allerdings hat das Textilband auch Nachteile: Besonders helle Farbtöne verschmutzen relativ schnell und eine Reinigung ist nur schwer möglich.
Tipp: Der Lenker sollte vorher mit Spiritus oder Bremsenreiniger entfettet werden, um einen optimalen Halt für den Kleber zu gewährleisten.
1. Schritt: Ist das Lenkerband mit keinem Klebestreifen versehen, muss vorher mit dünner, doppelseitiger Klebefolie gearbeitet werden. Nachdem Nöll die Folie aufgebracht hat, entfernt er die Folienträger. Zurück bleibt ein dünner Klebstofffilm.
2. Schritt: Für das Umwickeln müssen die beiden Hebel der Bremsen gelockert und verschoben werden. Daher sind Markierungen an der genauen Position ihrer Befestigungsschellen sinnvoll.
3. Schritt: Beginnend am Lenker-Ende überlappt er das Band leicht und wickelt es unter ständig leichtem Zug, zur Vermeidung von Falten, in Richtung Bremshebel. Dieser muss dann nach oben verschoben werden, damit das Lenkerband unter den Hebel gelangt.
Tipp: Schief wickeln – jede neue Wickelung überlappt die vorherige dabei etwa um die Hälfte.
4. Schritt: Danach bringt Nöll den Hebel in seine endgültige, zuvor markierte Position und wickelt das Band weiter in Richtung Lenkermitte. Wie weit das Band reichen soll, ist letztlich eine Geschmacksfrage. Es sollte nur die komplett nutzbare Grifffläche belegt sein. Abschließend werden die Lenker-Enden noch mit Stopfen verschlossen.
Alternativ: Wer Wert auf den historischen Charme legt, der bringt anstelle des Kunststoffbandes ein gewebtes Lenkerband an den Rennradlenker an. Auch mit dem Textilband, das in der Regel selbstklebend ist, wird beim Verarbeiten am Lenker-Ende begonnen und leicht überlappend von unten nach oben in Richtung Bremshebel gewickelt.
Der weitere Verlauf erfolgt identisch wie bei der Montage des Kunststoffbands. Wenn der richtige Moment gekommen ist, einfach abschneiden, das Ende ordentlich andrücken und das Ganze auf der anderen Seite wiederholen.
5. Schritt: Zum Verschließen der Lenkerenden noch Stopfen rein und fertig ist das gute Stück.
Fertig: Der montierte Lenker erstrahlt in neuem Glanz. Der Vorher-Nachher-Vergleich zeigt, was die Arbeit gebracht hat. Übrigens hat unter anderem der Lenkerwinkel Einfluss auf Deine Sitzposition beim Fahrradfahren. Gegebenenfalls musst Du daher noch den Fahrradlenker richtig einstellen.
Überprüfung des Radzubehörs für einen gelungenen Wiederaufbau
Damit sich das historische Fahrrad auch sicher fahren lässt, fehlen noch passende Ersatzteile. Oftmals gibt es nur noch einzelne Original-Teile weltweit. Bei dieser Restaurierung wurde für Bremsbeläge und Pedalen auf neue Zubehörteile zurückgegriffen.
Fahrradsattel austauschen
Der alte Ledersattel war völlig spröde und ziemlich außer Form. Also musste er ausgetauscht werden. Oft haben Sattel-Konstruktionen eine zentrale Verschraubung. In diesem Falls reicht es aus, die Schraube an der Sattelstütze zu lösen und gegenbenenfalls die obere Halbschale um 90-Grad zu drehen. Dann lässt sich der Sattel einfach abnehmen und durch einen neuen ersetzen. Danach einfach wieder die obere Halbschale in Position drehen und die Schraube bis zum empfohlenen Drehmoment festziehen (meistens zwischen sechs und acht Newtonmeter).
Nun strahlt ein neuer Sattel inklusive Sattelstütze auf dem restaurierten Rennrad. Damit Du Dich beim Radfahren wohlfühlst, solltest du zunächst deinen Fahrradsattel einstellen.
Tipp: Das Einfetten der Schrauben am Sattel verbessert die Haltbarkeit.
Bremsbeläge am Fahrrad erneuern
Eine gute Bremsleistung trägt zur eigenen Sicherheit bei. Da die alten Bremsbeläge nicht mehr funktionstüchtig waren, wurden sie erneuert. Für den Austausch befindet sich am Bremsbelag eine Schraube. Löst man diese, kann der Belag entnommen werden. Nun bietet es sich an, den Bremskörper einmal gründlich zu reinigen, bevor der neue Bremsbelag wieder in die Halterung eingesetzt wird.
Nach dem Einbau geht es an die Einstellung. Dieser Vorgang wiederholt sich regelmäßig, denn die Bremsen am Fahrrad müssen regelmäßig neu justiert werden. Nur so ist Verlass, dass das Rad in Gefahrensituationen zum Stehen kommt. Anleitungen und Tipps, wie sich Fahrradbremsen prüfen und einstellen lassen, findest Du natürlich auch im Diamant-Blog.
Neue Fahrradpedalen montieren
Die Pedalen sind wichtige Kontaktpunkte zwischen Radfahrer und Fahrrad, denn hier wird die Beinkraft in die Tretkurbel übertragen. Die passenden Pedalen sind also ein Muss, damit ein ungewolltes Abrutschen verhindert werden kann. Somit wurden die alten Pedalen kurzer Hand demontiert und durch bevorzugte Modelle ersetzt.
Fehlendes Diamant-Typenschild überkleben
Bedauerlicherweise hat einer der Vorbesitzer das originale Diamant-Typenschild vom Steuerkopf entfernt. Übergangsweise kann ein passender Aufkleber als Notlösung dienen. Restaurator Nöll verwendet Aufkleber von Jockels Rennrad-Museum in Kaiserslautern bis ein neues Typenschild gefunden ist. Durch den blauen Schriftzug und die farbigen Streifen passt es gut zum Rad.
Das Endergebnis: Wiederauferstehung eines Diamant-Rennrads
Geschafft! Aus dem alten Rennrad (links) ist ein funktionstüchtiges Retro-Bike (rechts) geworden. Mit dem zeitlichen Aufwand für die Teilebeschaffung kamen insgesamt ca. 80-100 Stunden zusammen. Jürgen Nöll ist mit seiner Fahrradrestaurierung zufrieden.
Weiterführende Informationen zu Jürgen Nöll und zur Restaurierung von Diamant-Fahrrädern
- Das von Jürgen Nöll erwähnte Oldtimer-Magazin des VFV (Veteranen Fahrzeug Verband).
- Als Schriftsteller hat Jürgen Nöll bereits mehrere Bücher über die Restaurierung von Motorrädern veröffentlicht.
- Fahrradsammler und Diamantiker Torsten Fischer gibt Tipps zur Ermittlung des Baujahres historischer Diamant-Rennräder.
- Insider-Tipps und Informationen über restaurierte Fahrräder, originale Einzelteile und historische Bilder von Diamant gibt es auf Heiko Wurzers Website.
- Die Enzyklopädie DDR-FahrradWiki versammelt viele historische Diamant-Modelle auf ihrer Seite.