Drei Freunde. Ein gemeinsames Abenteuer. Im Sommer 2022 sind Flo, Björn und Dominik in Münster aufgebrochen mit dem Ziel, den südlichsten Punk Siziliens mit dem Fahrrad zu erreichen. In dieser Podcast-Folge, Episode 9, erzählen Flo, Björn und Dominik, wie sie ihre erste Bikepacking-Tour erlebt haben. Spoiler: Wölfe in der Nacht, ein Löschhelikopter und ein Sturz mit Folgen.

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Inhaltsverzeichnis

Shownotes

  • 00:00: Einführung
  • 00:36: Flo, Björn und Dominik
  • 02:04: Darum Bike2Sicilia
  • 07:10: Was ist mit Langeweile?
  • 09:31: Das Diamant 018 und andere Mathematik
  • 12:42: Ein Sturz mit Folgen
  • 16:29: Neben Wolf und Wildschweinen
  • 21:17: Nach der Tour ist vor der Tour
  • 22:45: Die Ausrüstung
  • 26:02: Fazit
  • 26:02: So geht es weiter
  • Feedback ist gerne gesehen: marketing_diamant@diamantrad.com
Hinweis von Diamantrad:
Alle Folgen des Diamantrad-Podcasts „Köpfchen spricht“ findest du auf unserer Übersichtsseite. Wir wünschen Dir viel Spaß beim Hören!

Einführung

Thomas: Herzlich Willkommen wieder bei uns im Podcast „Köpfchen spricht“. Wir sind wieder eine Folge weiter und haben diesmal drei sehr spannende Leute bei uns im Call. Leute, die wir ungefähr vor einem halben Jahr kennengelernt haben, als Lorena auf mich zugekommen ist und gesagt hat „Du Thomas, ich hab da was, das könnte eine coole Story sein, schau dir das mal an“. Das hab ich gemacht, aber Lorena ist ja auch hier im Studio. Lorena, wer ist das im Studio? Mit wem sprechen wir heute?

Lorena: Wir sprechen heute mit Flo, Björn und Dominik. Die drei wohnen zusammen in einer WG und studieren alle in Münster. Sie sind auf uns zugekommen mit einer tollen Idee: Sie haben uns gesagt, sie wollen von Münster nach Sizilien fahren, und zwar mit dem Fahrrad.

Ich fand ihre Idee großartig und auch ihre Leidenschaft und Freude, die sie für dieses Projekt hatten. Die Jungs studieren alle, wie schon gesagt: Flo ist ein angehender Wirtschaftswissenschaftler, Björn und Dominik studieren beide Lehramt. Und sie möchten – oder wollten – zum Abschluss des Studiums eine gemeinsame Reise machen, ein gemeinsames Abenteuer, um das Ganze ein bisschen zu beenden. Und das haben sie auch getan: Sie sind mit dem Diamant 018 in exakt sieben Wochen von Münster nach Sizilien gefahren. Und heute sind sie deshalb zu Gast in unserem Podcast. Zwar nicht im Studio, sondern übers Telefon dazugeschaltet.

Flo, Björn und Dominik

Thomas: Wir haben sie ja auch schon den Sommer über mit verfolgt, immer wieder ihre Storys in unserem Instagram-Kanal geteilt. Aber vielleicht ist jetzt auch der richtige Zeitpunkt, um zu sagen: Hallo Jungs!

Flo, Björn, Dominik: Moin! Hi zusammen! Moin, sagt man hier im Münsterland. Vielen Dank für die Einladung. Wir freuen uns, mit Euch heute ein bisschen über unsere Tour sprechen zu können.

Darum Bike2Sicilia

Thomas: Ich stell jetzt mal die erste Frage. Die besteht aus nur zwei Wörtern: Warum Sizilien?

Flo: Ja, das ist eine gute Frage. Ursprünglich war die Idee, wie schon angekündigt, so ein letztes Abenteuer zu machen. Ich hatte dann primär den Gedanken, mit dem Fahrrad loszufahren und meine Mitbewohner aus dem Auslandssemester in Osteuropa zu besuchen. Da haben sich meine Jungs relativ schnell eingeklinkt und gesagt „Jo, Flo, wir haben da Lust zu, das mit Dir mitzumachen, aber haben keine Lust, ins kalte Nass nach Osteuropa. Sondern vielleicht irgendwo in den Süden?

Flo:  Dann haben wir uns mal überlegt, wo wir noch nicht waren – wir haben schon ein bisschen was von Europa gesehen, waren schon in Portugal – und sind dann auf Italien gekommen, weil wir da alle noch nicht waren und es als superspannendes und vielseitiges Land empfunden haben und kennenlernen durften.

Thomas: Du hast gerade gesagt, die Jungs sind ziemlich schnell auf Dich zugekommen und haben gesagt, sie waren mit. Ihr habt ja auch eine recht spezielle Beziehung zueinander, vielleicht erzählt Ihr einfach nochmal: Wie habt Ihr Euch kennengelernt? Und ist das das erste Abenteuer, was Ihr gemeinsam gemacht habt, oder was gab es vielleicht vorher schon?

Dominik: Also Björn und ich, wir kennen uns seit Beginn des Studiums, seit 2015. Wir haben uns in der Orientierungswoche kennengelernt vom Lehramtsstudium und sind dann relativ schnell zusammengezogen. Irgendwann 2018 war es glaube ich, ist Flo noch dazugezogen. Und seitdem wohnen wir in dieser Konstellation zusammen. Aber so als erstes großes Abenteuer stand dann tatsächlich diese Reise auf einmal im Fokus.

Lorena: Genau. Ihr wart ja noch nie auf einer Radreise, oder? Auch Bikepacking habt Ihr nie gemacht. Das habt Ihr, als Ihr Euch vorgestellt habt, kurz angeteasert. Aber dann auch gleich heftig.

(Alle lachen) Flo: Wir kennen keine halben Sachen.

Björn: Es ist ja auch so, dass wir alle recht sportlich sind. Dominik und ich studieren auch Sport auf Lehramt. Wir haben immer den Drang, neue Herausforderungen zu suchen. Von daher kam es schon dazu, dass wir was Neues ausprobieren wollten.

Flo: Wir haben auch eine Tischtennisplatte vor der Wohnung stehen, wo regelmäßig gespielt wird. Wir sind alle sportlich und kompetitiv. Ich bin auch Anfang des Jahres einen Marathon gelaufen ohne größere Vorbereitung. Da ticken wir alle sehr ähnlich. Wir wussten, dass wir auch Lust haben, sowas gemeinsam zu machen, und dass wir uns wahrscheinlich gut durchpushen können. Das hat auch gut funktioniert.

Thomas: Ich finde jetzt Tischtennis auch die perfekte Vorbereitung darauf, 3000 Kilometer mit dem Fahrrad zu fahren.

(Alle lachen) Flo: Ja, wir waren auch ein bisschen inspiriert: Bikepacking ist auch ein aktuelles Thema, was überall zu sehen ist. Sei es YouTube oder auch bei Euch auf dem Blog mit der Annie, die mit dem Fahrrad zum Nordkapp gefahren ist. Und da haben wir uns irgendwie inspirieren lassen, irgendwohin zu fahren, wo wir nicht weiterkommen. Bis zu einem Ort, wo es dann aufhört. Das war dann halt der südlichste Punkt Italiens, der südlichste Punkt Siziliens, am Mittelmeer, wo man nur das afrikanische Festland auf der anderen Seite sehen kann.

Lorena: Dann seid Ihr losgefahren – am 1. August war das, wie die Düsenflieger. Man konnte Euch ja über Livetracking mitverfolgen. War das so schnell wie möglich raus aus Deutschland oder war das für Euch selber eine Überraschung, dass Ihr so schnell vorwärts gekommen seid?

Björn: Es war insgesamt schon eine Überraschung. Wir hatten ja keinen großartigen Messwert. Wir hatten eine kleinere Tour vorher gemacht nach Emden, wo wir schon einige Kilometer gefahren sind und erste Erkenntnisse hatten. Aber dass wir so gut durchkamen, hat uns schon gewundert. Am Rhein entlang ist es relativ flach und wir hatten nicht viel Gegenwind, aber dass die Beine nach und nach immer kräftiger werden und so gut mitmachen, haben wir vorher auch nicht angenommen.

Flo: Ich glaube es war optimal, dass es in Deutschland flach gestartet ist. Da sind wir supergut durchgekommen. Ich muss sagen, ich habe mich am zweiten Tag kurz hinterfragt, ob ich das wirklich 60 Tage waren ja geplant schaffe und durchhalte. Da hat der Poppes mal wehgetan, die Knie haben gezwickt. Da habe ich mich gefragt: Oh Mann, kriegen wir das überhaupt hin? Aber am dritten Tagen sind wir wieder aufs Fahrrad gestiegen und der Körper hat sich gut angefühlt. Seitdem hat es irgendwie funktioniert. Man hat schon gemerkt, dass sich die Muskeln Schritt für Schritt daran gewöhnt haben. Wir haben ja schon zehn oder zwölf Tage in Deutschland gebraucht. Das hört sich jetzt für Gesamtstrecke relativ wenig an, war aber auch eine relativ lange Tour. Hat uns auch sehr gut gefallen, am Rhein entlang. Auch Städte, die wir vorher noch nicht gesehen haben, das war auch ein sehr schöner Teil der Tour.

Was ist mit Langeweile?

Thomas: Ich weiß jetzt gar nicht, was ich zuerst frage. Frage ich zuerst „Wie habt Ihr Euch vorbereitet“ oder frage ich Euch „Nach 60 Tagen, war es wirklich jeden Tag so, dass Ihr Bock drauf hattet, Fahrrad zu fahren? Was habt Ihr mit der Langeweile gemacht?“ Ich bleib mal bei der Langeweile. Es sind ja doch 60 Tage. Und immer der Flo und der Dominik und immer der Björn, jeden Morgen wacht Ihr auf. Wie durchbricht man das? Habt Ihr nicht auch aneinander Langeweile gefunden?

Björn: Das waren auch Fragen, die uns häufig gestellt wurden. Während der Tour, vor der Tour, nach der Tour. Wie hat das geklappt, dass Ihr zum einen keine Langeweile hattet, zum anderen so gut miteinander zurecht gekommen seid? Das war auch so, dass wir uns während der Tour noch besser kennengelernt haben, als wir uns vorher schon kannten. Vorher hatten wir ja schon rund um die Uhr Zeit zusammen verbracht haben in der WG und auch sonst viel zusammen machen. Und es war einfach so, dass jeder jeden Tag seine Aufgaben hatte. Man war viel damit beschäftigt, immer wieder alles ein- und auszupacken, die Zelte aufzubauen. Dann musste gekocht werden. Es musste organisiert werden, wo essen wir was? Wo fahren wir zum Supermarkt, wo schlafen wir die nächste Nacht? Es kam nie Langeweile auf. Es gab keinen Zeitpunkt, wo man nichts zu tun hatte. Und das ist irgendwie ganz anders gewesen als manchmal hier in der WG oder im Alltag, wo man viel freie Zeit hat und ein bisschen am Handy rumdaddelt. Es war einfach jede Menge zu tun.

Flo: Du hast keine Langeweile. Du stehst auf, packst 1,5 Stunden Deine Sachen zusammen, bist froh wieder aufs Fahrrad zu kommen. Das fand ich auch irgendwie krass: Du hast jeden Tag neue Eindrücke. Sei es landschaftlich oder neue Städte, neue Menschen, die Du kennenlernst, neue Herausforderungen, die Du meistern musst. Und auf einmal bist Du in Sizilien, weil Du so viele neue Eindrücke Tag für Tag hattest, war das auf einmal ganz komisch, als wir in Sizilien angekommen sind.

Flo: Und der andere Schuh ist, wie wir uns verstanden haben. Es war voll die Symbiose, wie Björn schon gesagt hat. Und auch untereinander drücken wir gerne mal einen Spruch oder provozieren uns auch mal, aber das gehört dazu und das macht auch Spaß. Das ist Teil der Gruppe gewesen.

Das Diamant 018 und andere Mathematik

Thomas: Wie viele Kilometer pro Tag seid ihr am Ende effektiv gefahren?

Dominik: Ich meine, es waren zwischen 70 und 80 Kilometer. Da waren die Ruhetage schon reingerechnet. Aber es dürften so im 80er-Bereich liegen. Und Höhenmeter weiß ich gar nicht, wie viele das im Schnitt waren.

Flo: Das haben wir dann auch irgendwie gemerkt: Auf die Kilometer kam es gar nicht so richtig an, sondern eher die Höhenmeter waren das Ausschlaggebende. Ich kann mich an eine Situation erinnern, da waren wir an der italienischen Grenze, wunderschönen Ort gefunden, wo wir übernachtet haben. Auf Komoot haben wir unsere Route geplant, da konnte man auch schön sehen, wie viel Strecke noch vor uns liegt und wie viele Höhenmeter. Und wir haben gerade die Alpen hinter uns gelassen, gucken aufs Handy und sehen: Fuck, wir müssen noch 20.000 Höhenmeter fahren. Wir haben doch gerade die Alpen überwunden, wo kommen diese 20.000 Höhenmeter her?

Lorena: Ich habe mir mal die Fakten rausgezogen. Es waren ja exakt sieben Wochen, 3.365 Kilometer und fast 40.000 Höhenmeter. Also schon eine reife Leistung, und Ihr habt es so schön auf Instagram zusammengefasst: Da waren auch noch sechs platte Reifen.

Flo: Ja genau. Und damit sind wir gut gefahren, kann man so sagen. Weil die Italiener mögen es, glaube ich, Glasflaschen aus ihren Autofenstern zu schmeißen. Das könnt ihr euch nicht vorstellen: Je südlicher man gekommen ist, das hat so in Rom angefangen, desto mehr Scherben und Müll lagen auf dem Boden. Deswegen war wir froh, dass wir „nur“ sechs Platten hatten. Dazu muss man sagen, wir hatten am ersten Tagen unseren ersten.

Thomas: Ich kann mir das gut vorstellen. Ich habe in Italien gelebt. Aber zumindest können wir dann festhalten: Die platten Reifen lagen nicht am Diamantrad.

(alle lachen) Flo: Genau, an den Italienern.

Lorena: Wie seid Ihr denn sonst mit dem Diamant 018 klargekommen?

Björn: Wir waren im Großen und Ganzen sehr zufrieden. Gerade, wenn man so lange unterwegs ist, merkt man: Das hat einfach eine gute Laufruhe. Aufgrund des festen Rahmens, den wir hatten, und wir hatten ja viel Gepäck gerade auch auf dem Hinterrad, hatten wir eine extreme Sicherheit mit dem ganzen Bergauf, Bergab, was wir gefahren sind. Egal ob in der Toskana oder in den Alpen, wir hatten immer das Gefühl, sicher unterwegs zu sein, was echt cool war.

Flo: und das Rad war für die Tour einfach optimal, weil es fängt in Deutschland an mit super ausgebauten Fahrradstraßen, geht rüber Richtung Alpen, wo eher Schotterwege sind, dann die italienischen Fahrradstraßen sind auch nochmal eine Nummer für sich. Da wurden Fahrradwege ausgeschildert, die eher fortgeschrittene Wanderwege waren, große Schlaglöcher hatten. Etc. Da hat uns das Fahrrad super viel Sicherheit gegeben, diese Kombination aus Trekking- und Mountainbikecharakter war für die Tour einfach optimal.

Thomas: Also könnte man sagen: Ein SUV ohne Motor.

(Alle lachen) Flo: Perfekt.

Dominik: Sozusagen ja.

Ein Sturz mit Folgen

Thomas: Bömmi (Björn), Du hast gesagt, sicher habt Ihr Euch auf dem Rad gefühlt. Irgendwann war es aber mit der Sicherheit vorbei. Erinnere mich mal an die Geschichte. Wir haben ja Euer Bild vor Augen, und tatsächlich ist der gebrochene Arm von Flo gerade ins Bild gekommen. Was ist denn da passiert?

Björn: Ich kanns mal aus meiner Sicht erzählen. Wir waren super sicher an sich unterwegs, ungefähr 33.20 Kilometer müssten es gewesen sein, sind wir gefahren. Es gab brenzlige Situationen, egal ob im Verkehr oder Berg runter im Wald, wo wir schon mal schräg in der Luft standen und das Fahrrad noch irgendwie rumgerissen haben.

Björn: Aber an dem Morgen, diesem speziellen Morgen: Ich bin vorgefahren, Dominik und Flo hinter mir. Und plötzlich sah ich beide nicht mehr hinter mir und hielt an. Und als dann zwei, drei Minuten, die manchmal normal gewesen sind, wo man aufeinander gewartet hatte, vergangen sind, bin ich zurückgefahren. Und dann sah ich nur, wie das Fahrrad von Flo im Graben lag und Flo sich den Arm hielt. Aufgrund des Adrenalinpegels wirkte er relativ lässig noch.

Flo: Gut gelaunt.

Björn: Er war noch für ein Späßchen zu haben. Aber der Arm sah dementsprechend übel aus, man sah den Bruch am Arm. Das war der Morgen, an dem sich die Tour für uns ein bisschen verändert hatte.

Flo: Ganz interessant, muss man sagen: Es sind 3.300 Kilometer gefahren mal drei, 10.000 Kilometer ohne Sturz. Und am Vorabend hab ich noch mit meinem Vater telefoniert und meinte „Papa, wir sind so glücklich, so gut durchgekommen ohne größere Verletzungen.“ Und ich glaube, das war dann das Schicksal. Gedanklich schon im Ziel gewesen und es war einfach eine Unkonzentriertheit, eine scharfe Kante, über die man schon tausend Mal gefahren ist, in denen nichts passiert ist, und dann einfach das Vorderrad verzogen und bei ordentlich Geschwindigkeit gestürzt. Aber die Jungs haben sich super um mich gekümmert. Der Björn hat mir noch provisorisch die Zeltstange als stabilisierende Schiene unterm Arm geklemmt. Und wie alle anderen Herausforderungen haben wir das gemeinsam gemeistert.

Björn: Das war so ein bisschen das Motto unserer Tour: Das Glas ist immer halbvoll, hab ich gesagt. Es gibt immer nur Lösungen. Irgendwie haben wir auch in brenzligen Situationen schon einen kühlen Kopf bewahrt und haben auch immer das Glück auf unserer Seite gehabt. Denn das nächste Krankenhaus war nur vier oder sieben Kilometer entfernt. Das hört sich viel an, aber wenn man so lange unterwegs ist, dann weiß man: Das ist gar nicht mehr so eine weite Strecke, um ins Krankenhaus zu fahren. Von daher waren wir glücklich, das sizilianische Krankenhaus zu erreichen, wenngleich das auch anders aussah als wir es hier vielleicht in Deutschland gewohnt sind.

Thomas: Und fertig gefahren seid ihr gleichwohl.

Flo: Das war die erste Aussage, als ich dann vom Krankenhaus zum Campingplatz nachgekommen bin. Ich hab die Jungs angeguckt und gesagt: Jungs, wir kriegen das morgen aber schon noch zuende. Dominik hat gesagt: Ja, wir haben auch nichts anderes erwartet. Das war so der Spirit der Tour. Wir haben es echt gemeinsam gemeistert und dann den letzten Tag ich, einarmig, zuende gebracht. Da bin ich auch dankbar und glücklich, dass wir das so gemacht haben. Es war einfach eine geile, aufregende Tour und dass wir es geschafft haben, zählt, trotz Armbruch.

 

Neben Wolf und Wildschweinen

Lorena: Das war wahrscheinlich ein Schockomment für Euch, habt das aber mit einer positiven Energie weggesteckt. Es gab aber bestimmt megatolle Momente, Ereignisse, Begegnungen vielleicht auch. Könnt Ihr da was rauspicken, was Euch besonders berührt habt?

Dominik: Ich glaube, eine Situation auf die wir alle gerne zurückblicken, war ein Tag, an dem wir noch relativ spät unterwegs waren. Wir sind mit Stirnlampen durch die Dämmerung bzw. Dunkelheit gefahren und waren auch schon am Ende unserer Kräfte. Und ein Italiener fuhr mit seinem Auto an uns vorbei und kurbelte das Fenster runter und rief raus: „Forza, ragazzi!“, also „Vorwärts, Jungs!“, und hat dann noch gefragt, wo wir her seien, was unser Ziel ist. Das haben wir ihm alles erklärt und sind weitergefahren. Und knapp einen Kilometer später steht er am Straßenrand, ist ausgestiegen mit hochgerissenen Armen und schrie „You are the Champions! Forza ragazzi!“ Also sowas bleibt hängen. Das waren so die Begegnungen, die diese Tour auch besonders gemacht haben.

Björn: Und das war letztendlich nicht nur diese Begegnung, sondern viele weitere mit Menschen, die wir dann in den Städten getroffen. Man muss sich das vorstellen, wenn drei Jungs mit einem Diamantrad und einer schicken Lackierung ankommen, da fragt sich jeder direkt so: Hm, was ist deren Auftrag hier? Dementsprechend kamen viele auf uns zu, und gerade für Italiener, die so ein bisschen im Rennrad unterwegs sind aber in der Gesellschaft gar nicht so viel Fahrrad fahren, war das schon besonders, dass sie uns getroffen haben. Wir haben vor Supermärkten gestanden und sind nicht weggekommen, weil wir immer wieder angesprochen wurden. Das war schon was Besonderes für die.

Björn: Vielleicht noch eine Sache: Wir hatten ja unsere Zelte dabei und haben viel in der Natur übernachtet. Und da gab es zwei Begegnungen, die wir nachts hatten, mit wilden Tieren, was wir vorher auch noch nie so erlebt haben. Und da kommen wir immer bei einer Story raus: Das war eine Übernachtung in der Toskana kurz vor Florenz, ganz oben im Wald. Da lagen wir nachts und wir wurden eine Nacht vorher noch gewarnt: Haltet Euch besser nicht im Wald auf. Wir haben es riskiert, und als wir uns schlafen legten, hörte ich plötzlich ein Rascheln rechts neben unseren Zelten und sagte so „Jungs, hört Ihr das?“ Und dann, Flo hatte es gehört und sagte schon gar nichts mehr, Dominik „Ne, was denn?“ Und in dem Moment hörte man nur so ein tiefes Geräusch. Und dann war klar: Ein Wolf war direkt neben unserem Zelt. Und zum Glück hatten wir uns informiert, was man machen muss, und haben kräftig in die Hände geklatscht und den Wolf mit unseren Stimmen versucht zu vertreiben. Das war einfach besondere Begegnungen, das Gleiche nochmal mit Wildschweinen, wo wir uns nachts in der Dunkelheit unwissend auf einen Wildpfad gelegt haben und dreimal in der Nacht geweckt wurden. Das sind besondere Momente, die hängen bleiben und für immer zusammen teilt.

Flo: Um vielleicht nochmal auf die Menschen zurückzukommen, die wir auf unserem Weg getroffen haben. Ich glaube eine Person muss man da nochmal hervorheben, die wir kennengelernt haben nach Bologna. Da sind wir relativ spät erst aus Bologna losgekommen, und es war unsere erste Abendfahrt, die wir gemacht haben. Haben wir auch nicht oft gemacht. Wir wollten aber aus Bologna raus und einen vernünftigen Schlafplatz finden. Das war eine ganz kuriose Situation: Domis Fahrrad ist umgekippt und da ist ein bisschen was kaputtgegangen, weil wir es nicht richtig hingestellt haben. Und dann haben wir auf einmal Musik gehört und haben gesagt „Komm, wir gucken was da los ist“. Wir sind der Musik gefolgt und sind in einem ganz kleinen Dorf mitten im Nirgendwo rausgekommen an einer Kirche. Am Parkplatz hat ein Italiener gerade seinen Freund verabschiedet. Sie haben uns direkt kurios angeguckt und angesprochen. Der eine konnte Deutsch, der gerade weggefahren ist, und sein Freund war fließend in Englisch unterwegs, was auch eine Seltenheit in Italien ist und manchmal zu Problemen geführt hat.

Flo: Aber letztendlich hat uns der Davide empfangen und ist uns nicht mehr von der Seite gewichen den ganzen Abend und hat sich sehr sorgsam um uns gekümmert, uns seine Familie und sein Dorf vorgestellt und war sehr froh, uns dabei zu haben. Wir haben noch ein Bierchen mit ihm getrunken, konnten bei ihm übernachten. Also sehr sehr herzlich und offen die Menschen. Bei Davide kam direkt ein Vatergefühl hoch und hat uns so behandelt wie seine Söhne. Das sind so die Stories, die es schon besonders gemacht haben.

Thomas: Ich finde, das ist schon so ein bisschen, was man normalerweise nur aus dem Film kennt, wenn man so Menschen sieht, die auf Marktplätzen anfangen, tief mit einem zu reden. Ich finde das immer wieder spannend und auch inspirierend, wenn man dann hört: Im realen Leben ist das tatsächlich ganz genauso.

Nach der Tour ist vor der Tour

Thomas: Im realen Leben seid ihr zurück in Münster. Schlaft ihr zuhause immer noch in Schlafsäcken?

(Alle lachen) Björn: Ja, da gibt es viel zu berichten. Wir haben unsere Beiträge nochmal gecheckt, ich meine, es ist der 15. Tag gewesen, an dem die Isomatte vom Flo kaputt gegangen ist. Das heißt der Junge ist einfach nochmal über 30 Tage ohne funktionierende Isomatte auf der Tour unterwegs gewesen.

Björn: Wir waren am Ende wirklich froh, als wir unsere Betten zurückhatten. Also ich zumindest, ich schlaf super auf meiner schönen Matratze hier in Münster. Ich hab den Schlafsack erstmal verbannt, da haben wir uns schon während der Tour drauf gefreut, das Bett wieder zu haben.

Flo: Ist ein anderes Gefühl.

Dominik: Und es liegt nicht nur am Bett, sondern auch am Packen. Dieses Auf- und Abbauen jeden Tag, wir haben jeden Tag 1,5 Stunden aufgebaut, 1,5 Stunden abgebaut, dann am nächsten Morgen wieder. Einfach dieses Auf- und Abbauen jetzt nicht mehr zu haben, das ist eigentlich das, was man vermisst hat. Nicht das eigene Bett.

Die Ausrüstung

Lorena: Du hast es jetzt ein bisschen angesprochen, das ständige Ein- und Auspacken. Ich möchte nochmal kurz auf Eure Ausrüstung zu sprechen kommen. Ihr hattet zwei große Taschen voll bepackt. War da nur das Nötigste dabei oder habt Ihr Euch da doch noch ein bisschen Luxus gegönnt?

Dominik: Genau, wir hatten zwei Gepäckträgertaschen von Vaude. Die hatten das perfekte Maß, würde ich fast sagen, nicht zu klein, nicht zu groß. Und ich würde auch sagen, dass wir schon eher die Luxusausstattung dabeihatten und auf wenige Sachen verzichtet haben. Also kleidungstechnisch hatte jeder nur zwei Radshirts, ein Langarmshirt, zwei Radhosen, zwei Boxershorts, zweimal Radsocken und ansonsten, was das sonstige Equipment angeht, waren wir schon sehr gut aufgestellt.

Flo: Genau, Domi war unser Chefeinkäufer vorher. Wir hätten nicht auf Luxus verzichtet, aber natürlich bei jedem Gramm gespart, wo man sparen konnte. Das Gute ist, man reist zu dritt und kann die Sachen dann gut aufteilen. Der Eine hat dann das Kochequipment eingepackt, der Andere dann Erste-Hilfe-Set und so weiter. Halt Sachen, die man gut teilen kann. Aber wenn man sechs oder sieben Wochen oder sechzig Tage unterwegs ist, haben wir gedacht, kann man auch nicht auf alles verzichten. Ich glaube, unser größtes Luxusgut war ein kleiner Klappstuhl, ein Campingstuhl, den konnte man gut in die Tasche stecken. Da haben wir gedacht: Können wir eigentlich nicht bringen, so einen Klappstuhl mitzubringen, der wiegt viel zu viel, war aber letztendlich die beste Entscheidung überhaupt.

Thomas: Wie viel habt Ihr denn insgesamt in die Tour investiert? Man redet bei diesen Abenteuern ja immer oft über Ausrüstung an und für sich und alles, was man mitnimmt, aber die Frage stellt sich doch auch: Ihr seid 60 Tage unterwegs, es ist doch auch Aufwand, der dabei entsteht.

Flo: Ja, und DU brauchst auch vernünftige Sachen für die 60 Tage. Da reicht jetzt nicht ein Zelt, was für ein Festival taugt, sondern vernünftiges Equipment, was wir anfangs auch nicht hatten. Wir mussten alles neu kaufen, in neues Equipment investieren. Da ist schon ein guter Betrag zusammengekommen. Ich glaube, pro Person waren es insgesamt tausend Euro.

Thomas: Und unterwegs kommt auch noch was zusammen. Lebensmittel, vielleicht doch auch mal ein Zeltplatz, was weiß ich. Was kommt da noch zusammen?

Björn: Da haben wir für uns eine Split-Gruppe erstellt, jeden Einkauf festgehalten und durch drei geteilt, ebenso mit allen Ausgaben, die wir hatten. Wir hatten natürlich auch mal einen Campingplatz, wo wir übernachtet hatten, oder nach zwei starken Regentagen, kann ich mich dran erinnern, haben wir in Bologna in einem Hotel übernachtet. Und das auf so eine lange Sicht, über 60 Tage, da kommt einiges zusammen. Ich glaube gesehen zu haben, dass wir bei 5000€-nochwas bei sonstigen Ausgaben lagen, die wir uns geteilt haben.

Flo: Aber der Capuccino ist sehr günstig in Italien, da haben wir uns morgen immer einen Capuccino gegönnt für 1,20€, das vermissen wir in Deutschland ein bisschen.

Fazit

Lorena: Wenn ihr die Reise jetzt rückblickend betrachtet: War es das Abenteuer, das Ihr Euch vorgestellt habt?

Björn: Schwierige Frage, weil wir uns vorher nichts ausmalen konnten und nichts vorgestellt haben. Wir haben uns bewusst keine Bilder von den Städten angeguckt, in die wir kommen. Wir haben uns zwar Erfahrungsberichte von anderen Radreisenden angeschaut, gerade was Equipment angeht. Aber wir haben uns absichtlich keine Gedanken vorher gemacht und sind einfach losgefahren. Wir wissen einfach, wenn wir drei zusammen Zeit verbringen, dann wird es eigentlich immer eine schöne Zeit. Es geht weniger darum, wo man ist, sondern wenn man zusammen ist, hat man so oder so eine schöne Zeit. Ich bin absolut zufrieden nach dieser Tour, wir haben so viele schöne Städte gesehen. Wenn ich an Sienna denke, das ist so die Stadt, die mir am meisten im Kopf geblieben ist: Eine wunderschöne, alte historische Stadt. Da bin ich einfach super dankbar für die ganzen Sachen, die ich zusammen mit den Jungs sehen durfte und erleben durfte.

Flo: ich glaube, man kann sowas nie planen und sich nie vorstellen, was passiert. Ich hatte Respekt vor den Alpen beispielsweise. Hat sich letztendlich als für uns relativ einfachen Tourabschnitt herausgestellt, wo wir zwei Tage rübergedüst sind. Traumhaft schön. Die Natur, die wir gesehen haben, traumhaft schön, wie nah wir bei der Natur gewesen sind, wurde mir erst in Essen bewusst, als ich in den Himmel geguckt und realisiert habe: Auf der Tour haben wir gefühlt alle durchgehend in den Himmel geguckt, natürlich auch um das Wetter im Blick zu haben. Aber wir waren der Natur so nahe, das war mir vorher nicht so bewusst. Deswegen, die Erwartungen und Vorstellungen die wir hatten, wurden übertroffen. War einfach nur schön und hat Spaß gemacht.

Dominik: ich hätte noch dazu gesagt, dass wir vielleicht auch unsere eigenen Erwartungen übertroffen haben. Wir schnell wir im Endeffekt unten waren. Wir haben uns ja bewusst den Rückflug auf den 3. Oktober gelegt, am 1. August sind wir hier losgefahren. Und das hätten wir uns nicht erträumen können, dass wir dann – ich weiß es gar nicht, ich glaube es war der 31. September, an dem wir nach Messina rüber sind, also nach Sizilien rüber. Und da hätte keiner von uns mit gerechnet, dass das an dem Tag passiert. Da haben wir uns echt irgendwie selbst übertroffen.

Lorena: Helm und Fahrradschuhe noch nicht an Nagel gehängt: Denkt ihr, es kommt vielleicht nochmal sowas wie das, was ihr jetzt gerade gemacht habt?

So geht es weiter

Thomas: Oder wie geht es jetzt mit euch weiter als Abenteurer und auch als Menschen?

Flo: Wir haben Bock auf jeden Fall, nochmal Projekte zu machen. Es hat super gut harmoniert. Das Fahrradfahren hat Spaß gemacht, wir sind jeden Tag auf unseren Bock gestiegen und sind weiter gefahren mit einem Grinsen im Gesicht. Und wir suchen auch immer wieder neue Herausforderungen, da ticken wir alle gleich. Sei es durch Island oder die Panamericana oder Skandinavien, da sind viele Länder, die uns interessieren. Auf der Perspektive steht auf jeden Fall noch was an, konkret ist nichts geplant. Leider sind wir finanziell auch ein bisschen eingeschränkt als Studenten, müssen unseren Verpflichtungen nachkommen. Für mich steht jetzt erstmal die Masterarbeit an, die ich fertigstellen möchte, die Jungs sind jetzt auch wieder voll ins Semester gestartet. Das steht jetzt erstmal im Vordergrund.

Thomas: Eine Frage, die vielleicht nicht ganz ausbleibt, und das könnte auch eine gute Schlussfrage sein: Ihr habt ja einen Großteil Eurer Reise, eigentlich alles, was Ihr nicht in Deutschland gefahren seid, in Italien verbracht. Hands aufs Herz: Pizza, Pasta oder Gelato?

(Alle lachen) Flo: Domi sofort Gelato. Das ist unser Eis-Experte. Pizza konnten wir alle nicht mehr sehen.

Björn: Ich geh auch mit Gelato, weil wir haben sehr viel Pizza und Pasta gegessen. Und Gelato kannst du irgendwie immer essen, aber Pizza und Pasta wird irgendwann zu viel.

Flo: Ich glaube, ich bleib bei Pasta. Gibt Kraft und Energie, kann man immer wieder reinschaufeln. Ich bleib bei Pasta.

Thomas: Dann bedanken wir uns sehr. Wir haben jetzt über eine halbe Stunde mit euch geplaudert. Liebe Podcast-Zuhörer, sehr wahrscheinlich war das auch für euch einer der längsten Podcasts, den wir für euch gemacht haben. Aber ich hoffe, ihr – wie wir – hattet einfach Freude daran, zuzuhören. Spannende Begegnungen, Reflektionen und tatsächlich auch praktischer Input hier und da, was steckt alles in so einer Radreise mit drin.

Lorena: Und für alle, die vielleicht noch ein bisschen mehr von Flo, Björn und Dominik wissen wollen: Es gibt ja auch den Blog dazu mit der Reportage. Also schaut doch auch mal auf unserer Website vorbei. Da gibt es noch ein bisschen mehr Input dazu.

Thomas: Auch den Jungs könnt ihr natürlich folgen. Der Handle auf Instagram ist Bike2Sicilia. Findet ihr auch bei uns verlinkt im Blogbeitrag. Und damit, denke ich, lasse ich dir, Lorena, das letzte Wort.

Lorena: Ja, ich bedanke mich bei euch Jungs, es hat mir mega Spaß gemacht. Ihr wart super sympathisch und authentisch. Und wir werden euch definitiv weiter verfolgen bei euren Projekten. Ich wünsche euch alles Gute!

Alle: Vielen Dank, danke für die gute Zusammenarbeit! Hat Spaß gemacht mit euch!

Thomas: Und in diesem Sinne. Euch da draußen auf Wiederhören.

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