So planst du eine Radtour: Warum Komoot & Co nur die halbe Miete sind

So planst du eine Radtour: Warum Komoot & Co nur die halbe Miete sind

Der technische Fortschritt macht es einfach. Vorbei ist die Zeit, in der du zuhause auf dem Esstisch große Karten aufgefaltet hast. Heute nimmst du das Smartphone. Vielleicht jetzt nicht unbedingt Google Maps, sondern eine Outdoor-App wie Komoot. Wir beschäftigen uns auch kurz mit den Apps. Eine Anleitung für Komoot braucht es aus unserer Sicht aber nicht. Wir zeigen dir, wie du aus irgendeiner Tour ganz sicher ein absolutes Highlight machst, denn auch digitale Tourenplanung ist mehr als das Eingeben von Start und Ziel in deiner App.

WARUM DEINE TOUR EINE STORY BRAUCHT

Du bist schon vier Stunden unterwegs. Langsam wird es anstrengend. Eine Stunde hast du immer noch vor dir. Und jetzt: Stur und stumm eine flache gerade Strecke lang. Das letzte Highlight liegt schon eine Weile zurück. Aber das Hotel ist eben da vorne. So hast du dir Genuss auf deiner Reise eher nicht vorgestellt.

Ich finde es auf langen Touren manchmal mental sehr schwierig. Eine gut geplante Tour hilft mir dabei, dieses Gefühl von Langeweile zu vermeiden. Sie hilft mir, die ganze Strecke in kleine Etappen zu zerteilen, so wie ein Buch in Kapitel aufgeteilt wird. Erinnerst du dich an den Spannungsbogen aus deinem Deutsch-Unterricht, dem klassischen Fünfakter? Da beginnt die Handlung mit der Exposition und bewegt sich im zweiten Akt mit einem erregenden Moment auf den Höhepunkt der dramatischen Entwicklung hin. Im vierten Akt zögert ein retardierendes Moment die Auflösung der Handlung auf, ehe diese ganz zum Schluss die gesamte Spannung entlädt.

Für mich liegt die Kunst einer spannenden Tour in diesem retardierenden Moment, also dass in der zweiten Hälfte deiner Fahrt noch Dinge passieren, die deine Begeisterung wieder etwas anheben und deine Müdigkeit etwas zur Seite drängen. Das kann nochmal eine Eisdiele sein, eine spannende Sehenswürdigkeit, eine schöne Abfahrt oder ein Anstieg mit einer lohnenden Aussicht. Für jede Tour ist das anders; aber für jede Tour finde ich diese retardierenden Momente, weil ich plane.

WO FINDEST DU SCHÖNE TOUREN?

Für Tagestouren könnten Outdoor-Portale wie Outdooractive und Komoot sehr gute Ausgangspunkte sein. Andere Nutzer:innen stellen dort ihre Fahrten bereit und du kannst schauen, welche dich interessieren und welche zu dir passen. Für längere Touren gibt es Verzeichnisse von Fernradwegen, die dich interessieren können. Hinter manchen steckt die Initiative begeisterter Privatpersonen, die ihre Erfahrungen aus erster Hand teilen. Wenn du dich auf eine Region fokussierst, dann informieren dich auch lokale Tourismusseiten für Radreisende sehr gut. Die haben oft den Vorteil, dass sie touristische Höhepunkte entlang deiner Strecke hervorheben und sich weniger auf den Weg als solches konzentrieren.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Standard. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf den Button unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Weitere Informationen

Finde dein Trekking® Bike von Diamant für deine nächste Reise

WARUM DIGITAL PLANEN?

Natürlich kannst du auch in die Buchhandlung gehen und gedruckte Reiseführer kaufen. Die gibt es auch für viele europäische Radwege, einschließlich detaillierter Karten. Eben zum Beispiel die bikeline-Produkte von Esterbauer oder die Radführer von Kompass. Mit ihnen zu navigieren, ist aber nicht so trivial. Wie oft hältst du an, um auf die nächste Seite in deinem Kartenbuch zu blättern? Wie kannst du den Schotterweg umfahren, weil dich die Aussicht weniger interessiert als der Gasthof am Fluss? Wie reagierst du auf Umleitungen und Streckensperrungen vor Ort? Das alles geht einfacher, wenn du digitale Hilfsmittel einsetzt. Das Gewicht kannst du auch sparen – oder du nimmst diese Bücher für deine Abendlektüre mit.

Du kannst digitale Touren auch einfach in eine App importieren oder auf einen digitalen Radcomputer, z.B. von Garmin oder Wahoo. So siehst du die Strecke immer direkt vor dir am Lenker. Ich selbst habe meine Fitness-Uhr mit Kartendarstellung am Lenker montiert. Die habe ich ohnehin und die hat eine ausreichend lange Batterielaufzeit. Das kleine Display reicht für 98% aller Kreuzungen. Für die restlichen 2% nutze ich mein Smartphone.

WELCHE APP IST DIE BESTE FÜR RADTOUREN?

Meine Empfehlung für Gelegenheitsnutzer ist Komoot. Hier hast du alles aus einer Hand: Lass dich von den Touren anderer Komoot-Nutzer inspirieren. Nutze den Planungsmodus, um sehr schnell Touren zu planen, die sich an deinen spezifizierten Wünschen orientieren. Arbeite am Desktop auf einem großen Bildschirm, wenn du dich vorbereitest, und lade deine Aktivitäten unkompliziert auf dein Anzeigegerät, wenn du fährst. Was mir an Komoot besonders gut gefällt, ist die sehr zuverlässige Wiedergabe vom Belag. Das ist nicht 100% exakt, aber du bekommst doch eine Idee, wie viel Schotter oder Kopfsteinpflaster dich erwartet.

Wer ein Android-Telefon benutzt, darf sich gerne auch mit OruxMaps beschäftigen. Diese App ist für Anfänger etwas weniger zugänglich, aber es lohnt sich. Über den Service von OpenAndroMaps kannst du OruxMaps kostenlos mit sehr gutem Kartenmaterial befüllen. Das zeigt dir, wenn du weit genug reinzoomst, in südlichen Ländern sogar Trinkwasserbrunnen an. OruxMaps könntest du als vollwertigen Fahrradcomputer nutzen. Der einzige Grund, warum ich heute meine Uhr dieser Variante vorziehe: Meine Smartphone-Batterie wäre nach vier Stunden tot.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Standard. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf den Button unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Weitere Informationen

WIE DU BERGE, VERKEHR UND BELAG EINSCHÄTZEN KANNST

Kennst du Google Street View? In Deutschland ist diese Frage gar nicht so aus der Luft gegriffen, denn es fehlen ja quasi alle Daten. Fürs Planen deiner Radtouren ist das sehr schade, denn Google Street View macht es so einfach, Straßen und Wege einzuschätzen. Nimm das Beispiel von Landesstraßen: In vielen Karten werden diese, weil sie Landesstraßen sind, gerne mit einer intensiveren Farbe gekennzeichnet – aber weniger intensiv als Bundesstraßen. In der Praxis hast du auf einer Landesstraße aber vielleicht so wenig Verkehr wie auf einer typischen Kreisstraße oder so viel Verkehr wie auf einer typischen Bundesstraße. Mit Street View kannst du das schon ein wenig einschätzen oder siehst vielleicht auch, ob diese Straße einen Seitenstreifen hat, der eigentlich so breit wie ein Radweg ist. Auf Kreisstraßen und in Ortsdurchfahrten kannst du überprüfen, ob es überhaupt asphaltiert ist oder vielleicht nur gepflastert oder geschottert.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Google Maps. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

Die Kantonalstraße 8 im Schweizer Kanton Schwyz wird als Hauptstraße kartiert. Street View zeigt: Der Verkehr ist übersichtlich, aber vor allem gibt es eine markierte Spur für Radfahrer. Street View hilft auch, die Steigung einzuschätzen.

Aber eben: Das funktioniert in der Schweiz, in Österreich und in allen unseren Nachbarländern. In Deutschland greife ich oft auf die Satellitenansicht zurück. Wenn die eine gute Auflösung hat, kannst du tatsächlich erkennen, ob ein Wirtschaftsweg neben einer Landstraße asphaltiert ist oder nicht. Besonders gut erkenne ich das an Kreuzungen und Übergängen, wenn sich Oberflächenstruktur und Wegfarbe ändern. Das gleiche ich dann mit der kartierten Oberfläche ab. Sprechen beide Indizien für Asphalt, gehe ich von Asphalt aus.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Google Maps. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

Der graue Weg in der Mitte ist offensichtlich asphaltiert. Der linke Weg hat eine gleichmäßige Oberfläche. Die helle Farbe ist für Asphalt aber untypisch. Der Übergang zum grauen Weg ist fließend und deutet Dreck an. Der Weg rechts oben zeigt auch Flecken, die auf eine Matschpfütze hinweisen könnten.

Berge erkenne ich auf Karten einerseits an typischen Straßenverläufen, z.B. schnell folgenden Kurven mit eher engen Kurvenradien. Genauer sehe ich es in einer Planungssoftware, die mir direkt ein Höhenprofil erstellt. Mein Tipp für deine Planung: In Tälern haben Wege links und rechts von der Hauptstraße oft deutlich weniger Verkehr, aber auch deutlich mehr Höhenmeter. Je weniger «gerade» der Weg verläuft, umso schneller kann das der Fall sein. Dort lohnt sich ein schneller Blick aufs Höhenprofil besonders.

WIE VIEL KANNST DU DIR VORNEHMEN

Ich behaupte: Jeder kann ohne großes Training 100km mit dem Rad fahren. Es ist eine Frage der Zeit und, wenn es auch bergauf geht, der passenden Übersetzung. Aber wie viel macht dir Spaß? An einem Tag mit viel Rückenwind geht besonders viel. Einmal bin ich 300km mit starkem Rückenwind von Zürich nach Genf gefahren und einmal nur 60km bei besonders viel Hitze und leichtem Gegenwind von Utrecht nach Rotterdam; die längere Tour hatte sich viel einfacher angefühlt.

Plane lieber in Stunden als in Kilometern. Urlaub ist ja nicht nur das Radeln, sondern auch die Mittagspause und das eine oder andere kulturelle Highlight gehören dazu. Wie weit kommst du in einer Stunde, wenn du es weder richtig leicht noch richtig einfach findest? Das multiplizierst du mit der Anzahl Stunden, die du effektiv fahren möchtest. Nimm dir noch eine Stunde Puffer für unvorhersehbare Aufenthalte: Platte Reifen, Umwege, ein wunderbarer Badesee, schlechtes Wetter.

WIE DU IMPROVISATION PLANEN KANNST?

Vielleicht zieht Regen auf. Und dann? Oder vielleicht ist dir dieser eine Berg doch zu viel. Kannst du dran vorbeifahren? Wenn ich eine Tour plane, schaue ich auch auf die Ausstiegspunkte. Jede Tour hat ihre „Points of no return“, aber jede Tour hat auch ihre Möglichkeiten, dir das Leben einfacher zu machen. Achte auf den Verlauf von Zugstrecken und auf längere, aber flachere Wege entlang von Flussschleifen oder kürzere, auch wenn direktere Wege über vielleicht nur einen kleinen Hügel. Ich greife selten auf meine Ausstiegspunkte zurück. Aber gerade bei Abenteuern, die mich an meine Grenze führen, habe ich sie für meine innere Ruhe gerne in der Hinterhand.

ZUM SCHLUSS: WIE VIEL PLANUNG BRAUCHT ES WIRKLICH?

Nach vielen Worten ist meine Meinung hierzu deutlich, aber womöglich überraschend: Wenig. In Mitteleuropa ist das Radwegenetz inzwischen sehr gut ausgebaut. Spezifische Fahrradwegweiser und klar ausgeschilderte Fernradwege machen es sehr einfach, auch nur draufloszufahren. Für Tagestouren gilt das eh. Also: Wenn dich das Planen stresst, dann lass es sein. Warum ich dann doch plane? Weil ich mir so Vorfreude aufbaue. Da komme ich zurück zum Anfang: Jede große Tour, die ich fahre, hat eine Story. Die erzähle ich dann Jahre später noch.

Dieser Beitrag stammt aus der Feder von Thomas, dem Brand Manager von Diamant. Seit 18 Jahren geht er jedes Jahr mit dem Rad in den Urlaub. Mal war es eine Flusswegreise, mal eine Camping-Tour, mal eine Transalp mit dem Rennrad.